Märchen - Der Druide und das goldene Reh


Der Druide und das goldene Reh

Kapitel 1 – Der Wald der Nebel

Tief im Herzen eines uralten Waldes, wo die Eichen so alt waren, dass sie sich an Zeiten vor den Menschen erinnerten, lebte ein weiser Druide namens Erian. Er war ein Hüter des Waldes, ein Bewahrer alten Wissens und ein Freund aller Kreaturen. Doch selbst er wusste nicht alles, was in diesen unermesslichen Wäldern verborgen lag.

Eines Morgens, als der Nebel schwer auf den Moosen lag und die Vögel ihre ersten Lieder sangen, spürte Erian eine seltsame Unruhe in der Luft. Die Blätter der Bäume flüsterten miteinander, als ob sie ein Geheimnis teilten, das nur sie verstanden.

„Etwas stimmt nicht,“ murmelte Erian und strich mit den Fingern über die Rinde einer Eiche, um ihre Weisheit zu erbitten. Doch die Antwort blieb aus.

Also machte er sich auf den Weg, tiefer in den Wald hinein, wo das Licht nur in sanften Streifen den Boden erreichte. Bald hörte er das entfernte, melodische Rufen eines Tieres – eines Rehs, aber nicht irgendeines. Sein Ruf war anders, fast als würde es singen.

Kapitel 2 – Das goldene Reh

Als Erian sich näherte, erblickte er eine Erscheinung, die selbst ihm den Atem raubte. Vor ihm stand ein Reh mit goldenem Fell, das im schwachen Licht des Waldes wie flüssiges Sonnenlicht schimmerte. Seine Augen waren tief wie alte Brunnen, voller Wissen und Geheimnisse.

Das Reh musterte Erian, bevor es sprach – ja, es sprach!

„Erian, Hüter dieses Waldes, ich bin Liriel, das goldene Reh. Ich bin in großer Not.“

Erian verneigte sich leicht vor dem majestätischen Wesen. „Was bedrückt dich, Liriel?“

„Ein dunkler Zauberer, Mornach, hat die Quelle des Lebens gestohlen. Sie liegt tief in der Höhle der Schatten verborgen. Ohne sie wird der Wald sterben, und ich mit ihm. Ich bin das Herz dieses Waldes, Erian. Ohne mich wird alles verdorren.“

Erian nickte ernst. „Dann werde ich dir helfen, Liriel. Gemeinsam werden wir die Quelle zurückholen.“

Kapitel 3 – Die Reise zur Höhle der Schatten

Der Weg zur Höhle war gefährlich, doch Erian kannte die Sprache des Waldes. Er bat die Bäume, die Winde und die Flüsse um Hilfe. Mit Liriel an seiner Seite konnte er durch dichte Dornenbüsche gehen, ohne verletzt zu werden, und über reißende Flüsse springen, als würden unsichtbare Hände ihn tragen.

Doch je näher sie der Höhle kamen, desto kälter wurde die Luft. Die Vögel verstummten, und die Bäume neigten ihre Äste wie zum Gebet.

Vor der Höhle standen zwei steinerne Wächter mit leeren Augenhöhlen. Als Erian näher trat, erwachten sie zum Leben.

„Nur der, der das Rätsel der Erde löst, darf eintreten“, sprach einer der Wächter mit tiefer Stimme.

Erian nickte. „Stellt mir euer Rätsel.“

„Ich bin stark, doch breche leicht. Ich kann einen Wald bedecken, doch bin ich so flüchtig wie der Wind. Was bin ich?“

Erian überlegte. Dann lächelte er. „Eis.“

Die Wächter schwiegen einen Moment – dann traten sie zur Seite.

„Du hast bestanden. Tritt ein.“

Kapitel 4 – Der Kampf gegen Mornach

In der Höhle war es finster. Erian spürte die dunkle Magie Mornachs, die wie Spinnweben in der Luft hing. Tief im Inneren der Höhle leuchtete etwas – die Quelle des Lebens! Doch davor stand Mornach selbst, ein dürrer Mann mit glühenden roten Augen.

„Du bist zu spät, Druide,“ zischte er. „Bald wird die Quelle mir gehören, und mit ihr die Macht, den Wald nach meinem Willen zu formen!“

Erian spürte, dass Worte hier nicht halfen. Er zog seinen Stab, und Mornach schleuderte einen dunklen Blitz auf ihn. Doch Erian rief die Kraft der Erde an, und der Boden selbst erhob sich, um den Zauber abzuwehren.

Währenddessen stürmte Liriel vorwärts, sprang mit erstaunlicher Eleganz über Mornach hinweg und berührte mit ihrer goldenen Schnauze die Quelle. In dem Moment explodierte ein Lichtstrahl, der Mornach in die Dunkelheit verbannte.

Die Quelle war gerettet.

Kapitel 5 – Die Rückkehr des Waldes

Mit der Quelle des Lebens zurück an ihrem Platz blühte der Wald wieder auf. Die Bäume richteten sich auf, die Vögel sangen erneut, und das Sonnenlicht durchdrang den Nebel.

Erian blickte zu Liriel. „Wirst du bleiben?“

Das goldene Reh lächelte. „Solange der Wald lebt, werde auch ich hier sein.“

Und so kehrte Erian zurück zu seiner Lichtung, doch oft hörte er in der Ferne das Lied von Liriel – das goldene Reh, das Herz des Waldes.

Ende

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